Missbrauchs-Prozess des Schwimmtrainers vertagt (5)
Ein Jahr nach dem gescheiterten Prozessanlauf gegen den ehemaligen Olympia-Schwimmtrainer Farshid S. (41) wird die Hauptverhandlung um den mutmaßlichen sexuellen Missbrauch einer jungen Schwimmerin am Mittwoch vor dem Kieler Amtsgericht völlig neu aufgerollt. Die erste Runde war nach zehn Verhandlungstagen überraschend geplatzt.
Auf das olympische „Schwimmdebakel“ der deutschen Mannschaft in London folgte die Kieler Prozesspanne: Nach monatelangem Ringen um Dutzende von Beweisanträgen der Verteidigung hatte das Schöffengericht Ende November 2012 bereits die Urteilsverkündung in Aussicht gestellt. Elf Zeugen, darunter die zur Tatzeit 16- bis 17-jährige Nebenklägerin, waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen worden.
Dann gab das Gericht im letzten Moment doch noch dem Antrag der Verteidigung statt, einen Gutachter zur Glaubwürdigkeit der heute 25-jährigen Hauptbelastungszeugin heranzuziehen. Doch eine aussagepsychologische Expertise durch einen Sachverständigen war innerhalb der gesetzlichen Fristen für die Fortsetzung des Prozesses nicht einzuholen, begründete Amtsgerichtssprecher Hans-Günther Meenke seinerzeit das überraschende Aus. Nun muss ein anderes Schöffengericht in neuer Besetzung noch einmal ganz von vorne beginnen. Was bleibt, ist die Anklage. Sie legt dem Trainer, der das Mädchen seit seinem zwölften Lebensjahr beim SV Neptun Kiel betreut haben soll, 18 Fälle des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen zur Last. Der mutmaßliche Tatzeitraum erstreckte sich vom August 2004 bis zum März 2006 – dem Eintreten der Volljährigkeit der jungen Leistungsschwimmerin.
Während eines zehntägigen Trainingsurlaubs auf Kreta, der mit den Eltern des Mädchens abgesprochen war und an dem auch die damalige Freundin des Angeklagten teilnahm, soll der Trainer erstmals zudringlich geworden sein. Später soll er laut Anklage auch zu Hause in Kiel Geschlechtsverkehr mit der Minderjährigen gehabt haben.
Entscheidend ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft, dass das Mädchen dem später nach Wuppertal übergesiedelten Trainer „zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut“ war (Strafgesetzbuch § 174). Der Angeklagte habe mit der Nachwuchssportlerin nicht nur bis zu neun Trainingseinheiten pro Woche absolviert, sondern auch außerhalb des Schwimmbetriebes ihr Verhalten reglementiert.
So habe er Essenspläne erstellt, Nahrungsergänzungsmittel verordnet und gemeinsam mit ihren Eltern über ihre psychische Befindlichkeit und Möglichkeiten der Leistungssteigerung beraten.
Der in Teheran geborene promovierte Sportwissenschaftler, der früher als Schwimmer für die iranische Nationalmannschaft antrat, hatte im ersten Prozess geschwiegen, die Verteidigung sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen. Für den zweiten Prozess hat das Schöffengericht zunächst vier Verhandlungstage bis Anfang September terminiert.
Quelle (Originalartikel): http://www.kn-online.de von am 12.08.2013 08:14 Uhr