Missbrauchs-Prozess des Schwimmtrainers vertagt (4)
Im Missbrauchsprozess gegen einen Schwimmtrainer in Kiel hat es eine überraschende Wende gegeben. Das Verfahren wird ausgesetzt, weil ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers eingeholt werden soll. Damit muss der Prozess komplett neu aufgerollt werden.
Kiel - Das Verfahren gegen einen Olympia-Trainer des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) vor dem Kieler Amtsgericht ist überraschend ausgesetzt worden. "Es wird auf absehbare Zeit keine Verhandlungen mehr geben, da zunächst ein aussagepsychologisches Gutachten eingeholt wird. Wenn das dann vorliegt, wird es einen neuen Termin geben", sagte Verteidigerin Annette Marberth-Kubicki nach dem zehnten Verhandlungstag. Damit muss der Prozess neu aufgerollt werden. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, ist derzeit nicht abzusehen.
Dem Beschuldigten, der bei den Olympischen Spielen in London zum deutschen Trainerstab gehörte, wird sexueller Missbrauch einer Schutzbefohlenen in 18 Fällen vorgeworfen. Er soll das Betreuungsverhältnis ausgenutzt haben, um die junge Sportlerin zum Sex zu bewegen.
Das Schöffengericht stimmte dem Antrag der Verteidigung zu, ein Glaubwürdigkeitsgutachten der als Nebenklägerin auftretenden Schwimmerin einzuholen.
Zu ersten sexuellen Handlungen mit der damals Minderjährigen soll es laut Anklage 2004 auf Kreta gekommen sein, weitere Fälle sollen sich bis März 2006 unter anderem in Kiel ereignet haben. Dabei habe der Trainer die Sportlerin teilweise zum ungeschützten Geschlechtsverkehr überredet, obwohl diese zuvor ihre Ablehnung geäußert habe. Anzeige wurde erst im August 2009 erstattet, die Staatsanwaltschaft erhob im September 2011 Anklage.
Der DSV und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) waren von den Anschuldigungen bei den Olympischen Spielen in London nach eigenen Angaben überrascht worden. Als die Vorwürfe an die Öffentlichkeit gelangten, war der Trainer, der den Prozess verschwiegen hatte, bereits abgereist.
Im Falle einer Verurteilung droht dem Übungsleiter eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren.
Quelle: www.spiegel.de (Link zum Originalartikel) bim/ulz/dpa/dapd